SILIKON
- Simon Korchmar
- 29. Juli
- 4 Min. Lesezeit
Wenn es um Kuchenformen, Küchenhelfer oder sogar Babyartikel geht, scheint Silikon die perfekte Wahl zu sein. Doch wie steht es tatsächlich um die gesundheitlichen Auswirkungen?

GESUNDHEITSRISIKO: 2 von 5 (gering bis moderat)
Warum?
Lebensmittelechtes Silikon gilt bei ordnungsgemäßer Herstellung als weitgehend unbedenklich und sicher.
Problematisch sind aber schlecht produzierte Produkte, denn sie können größere Mengen an Cyclosiloxanen abgeben – Stoffe, die gesundheitliche Risiken bergen.
Besonders kritisch sieht die EU die Cyclosiloxane D4, D5 und D6, da sie Umwelt und Gesundheit langfristig belasten könnten.
Deshalb mein Tipp: Achte immer auf qualitativ hochwertige und geprüfte Silikonprodukte, die ausdrücklich lebensmittelecht sind.
WO KOMMT SILIKON IM ALLTAG VOR?
Silikon ist vielseitig einsetzbar:
Back- und Kuchenformen
Küchenhelfer wie Spatel und Pinsel
Eiswürfelformen und Trinkhalme
Babyprodukte (z.B. Schnuller)
Lebensmittelbehälter zur Aufbewahrung
Medizinischen Implantaten
Kosmetikprodukten
SILIKON IN DER KÜCHE
Silikonformen für den Ofen bergen mehrere Fragezeichen: Durch hohe Temperaturen, Spülmittel und mechanischen Abrieb können sich Additive oder Rückstände lösen – darunter Cyclosiloxane oder andere Hilfsstoffe, deren Wirkung auf den menschlichen Körper bislang nicht ausreichend erforscht ist.
Außerdem: Silikon ist schwer recycelbar und vermutlich ähnlich langlebig wie Plastik. Mit der Zeit kann es sich in Mikro- und Nanopartikel zersetzen – mit potenziellen Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit.
Wichtig zu wissen: Silikon ist kein Naturstoff. Es besteht aus synthetischen Polymeren auf Basis von Silizium, kombiniert mit Farb- und Zusatzstoffen wie Weichmachern, Pilzhemmern oder Konsistenzgebern. Der Begriff „reines Silizium“ führt hier also in die Irre.
UNSER TIPP:
Wo es gute Alternativen gibt – wie Edelstahl, Glas oder Keramik – empfehlen wir, lieber darauf zurückzugreifen. Vor allem beim Backen im Ofen, wo Temperaturen und Kontaktzeiten besonders hoch sind.
WAS SAGEN DIE STUDIEN?
Studien bestätigen überwiegend die Sicherheit hochwertigen Silikons bei sachgemäßer Nutzung. Gleichzeitig warnen sie vor schlecht verarbeitetem Silikon, das bedenkliche Mengen an Chemikalien freisetzen kann. Zum Beispiel zeigte eine Studie, dass viele Silikonküchenhelfer Stoffe enthalten, die hormonelle Veränderungen verursachen könnten.
Brustimplantate aus Silikon wurden umfassend untersucht: Zwar konnte keine Verbindung zu Krebs oder Autoimmunerkrankungen gefunden werden, dennoch berichteten einige Frauen über Symptome wie Müdigkeit und Gelenkschmerzen.
1. Stärken und schwächen der Studienlage
Stärken
Umfangreiche Datenbasis aus Brustimplantat-Studien mit >6.000 Teilnehmern
Konsistente Befunde zwischen verschiedenen regulatorischen Bewertungen
Mechanistische Aufklärung der endokrinen Disruption
Etablierte analytische Methoden für Cyclosiloxan-Bestimmung
Schwächen
Fehlende Langzeitstudien zur chronischen Exposition über Lebensmittel
Limitierte Humanstudien zu Küchen- und Haushaltsprodukten
Heterogene Produktqualität erschwert Risikobewertung
Unvollständige Datenlage zu Kombinationseffekten verschiedener Cyclosiloxane
2. Cyclosiloxane in Silikonbackformen
In einer Untersuchung des Bayerischen Landesamts für Gesundheit wurden bei billigen, schlecht getemperten Backformen Cyclosiloxan-Konzentrationen von bis zu 1.024 µg/m³ in der Raumluft gemessen – weit über Vorsorgerichtwerten.
3. Hormonelle Effekte
Eine Studie aus Italien (Colombo et al., 2019) fand Hinweise darauf, dass einige Silikonprodukte Substanzen freisetzen, die in vitro hormonelle Aktivität zeigen könnten.
4. Recycling-Problematik
Laut Umweltbundesamt zählt Silikon zu den schwer recycelbaren Kunststoffen – es kann meist nur energetisch verwertet werden, nicht stofflich.
5. Regulatorische Bewertungen
Europäische Bewertung: Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hat D4, D5 und D6 als SVHC-Stoffe eingestuft. Die Restriction unter REACH tritt 2026 in Kraft und begrenzt den Gehalt auf <0,1 Gew.-% in Verbraucherprodukten.
Deutsche Behördenbewertung: Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt für Silikonelastomere einen Richtwert von max. 0,5% flüchtiger organischer Bestandteile bei 200°C. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit fand bei schlecht getemperten Backformen Raumluftkonzentrationen bis zu 1.024 µg/m³ Cyclosiloxane.
Internationale Bewertungen: Health Canada bestätigte 2023 die Sicherheit von D6 mit einem LOEL von 100 mg/kg/Tag. Die FDA stuft lebensmittelechtes Silikon als sicher ein, warnt jedoch vor illegalen Silikoninjektionen.
DARAUF SOLLTEST DU ACHTEN:
Verwende Silikonprodukte nur dort, wo es keine besseren Alternativen gibt – besonders im Backofen lieber auf Edelstahl, Glas oder Keramik setzen.
Kaufe ausschließlich hochwertiges, lebensmittelechtes Silikon von vertrauenswürdigen Herstellern.
Achte auf den Hinweis „frei von D4, D5 und D6“ – diese Cyclosiloxane gelten als besonders bedenklich.
Neue Silikonprodukte vor der ersten Nutzung gemäß Herstelleranleitung gründlich temperieren – das reduziert flüchtige Rückstände.
Vermeide billige, bunt eingefärbte Silikonformen ohne Nachweis der Unbedenklichkeit – vor allem bei langem Kontakt mit Hitze.
Fazit
Silikon ist in vielen Küchenprodukten praktisch – flexibel, hitzebeständig und wiederverwendbar. Bei geprüfter Qualität und richtiger Anwendung ist das Risiko gering. Doch bei Backformen und Produkten mit intensiver Hitzeeinwirkung lohnt es sich, genauer hinzusehen:
Nicht jedes Silikon ist unbedenklich – billige Produkte können problematische Stoffe freisetzen.
Zudem ist Silikon schwer recycelbar und nicht so „natürlich“, wie viele denken.
Unsere Empfehlung: Für Backformen, Aufbewahrung oder Babyartikel lieber zu sichereren Alternativen wie Glas, Edelstahl oder Keramik greifen. So reduzierst du potenzielle Risiken – und tust gleichzeitig etwas für Umwelt und Gesundheit.
QUELLEN
Bundesinstitut für Risikobewertung: Toxikologie und Bewertung von Cyclosiloxanen (D4, D5, D6) in Silikonprodukten.https://www.bfr.bund.de/cm/343/27-sitzung-der-bfr-kommission-fuer-bedarfsgegenstaende.pdf
Bundesinstitut für Risikobewertung: Empfehlungen zu Materialien für den Lebensmittelkontakt – Richtwert für flüchtige Bestandteile bei 200 °C.https://www.bfr.bund.de/cm/343/XV-Silicone.pdf
BfR-Empfehlungen Datenbank: Übersicht der Materialien für den Lebensmittelkontakt.https://www.bfr.bund.de/service/datenbanken/bfr-empfehlungen-zu-materialien-fuer-den-lebensmittelkontakt/
Umweltbundesamt: Kandidatenliste – Cyclosiloxane D4, D5 und D6 als SVHC eingestuft.https://www.umweltbundesamt.de/themen/reach-kandidatenliste-cyclosiloxane-als-svhc
Umweltbundesamt: Übergangsempfehlung für den Einsatz von Silikon in Verbraucherprodukten.https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/5620/dokumente/silikon_uebergangsempfehlung_version_6.pdf
Europäische Kommission / ECHA: EU-weite Beschränkung für D4, D5 und D6 unter REACH – ab 2026.https://www.intertek.com/products-retail/insight-bulletins/2024/commission-adopts-eu-wide-restriction-on-cyclosiloxanes/
EFSA (BfR-Vortrag): BfR-Aktivitäten zu Silikonmaterialien und Migration von Substanzen.https://www.efsa.europa.eu/sites/default/files/2023-01/24%20%E2%80%93%20DE,%20BfR%20activities%20on%20silicone,%20S.%20Merkel.pdf
FDA: Risiken und Komplikationen im Zusammenhang mit Silikon-Brustimplantaten.https://www.fda.gov/medical-devices/breast-implants/risks-and-complications-breast-implants
Mayo Clinic: Silikon-Brustimplantate – Risiken, Symptome und Studienlage.https://www.mayoclinic.org/healthy-lifestyle/womens-health/in-depth/breast-implants/art-20045957
PubMed (Beispielstudie zu hormonellen Effekten):https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28408153/
ScienceDirect (Studie zu Cyclosiloxanen in Haushaltsprodukten):https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0045653518318204
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