NYLON (POLYAMID)
- Simon Korchmar
- 31. Juli
- 5 Min. Lesezeit

GESUNDHEITSRISIKO DURCH POLYAMID: 2-3 von 5 (gering bis moderat)
Was spricht dafür?
Studien zeigen keine Hinweise auf Erbgutschäden oder Krebsrisiken bei normaler Nutzung
Es gibt klare Grenzwerte für den Kontakt mit Lebensmitteln (max. 5 mg/kg).]
Wissenschaftlich festgelegte tägliche Aufnahmemenge (TDI) von 1,75 mg/kg Körpergewicht gilt als sicher.
Was spricht dagegen?
Bei hohen Dosen wurden Effekte auf Leber und Schilddrüse festgestellt
Nylonprodukte können Polyamid-Oligomere freisetzen, die manchmal Grenzwerte überschreiten.
Nylon kann Hautirritationen und Allergien auslösen, besonders bei sensibler Haut.
Die gesundheitlichen Folgen von Mikroplastik sind noch unzureichend erforscht.
Manche Zusatzstoffe in Nylonprodukten könnten hormonell wirken.
WO KOMMT NYLON (POLYAMID) ÜBERALL VOR?
In Küche und Haushalt:
Küchenutensilien wie Kochlöffel, Pfannenwender, Schneebesen und Siebe
Verpackungen und Behälter, da sie gute Barriereeigenschaften bieten
Zahnbürsten, Zahnseide, Kämme und Reinigungsgeräte
Weitere Anwendungsbereiche:
Kleidung und Textilien (Sportkleidung, Teppiche, Unterwäsche)
Fahrzeugteile (z.B. Airbags, Motorabdeckungen)
Elektronik (Gehäuse, Isolierungen)
Bauwesen (Fensterprofile, Wärmedämmung)
Medizinische Geräte (chirurgisches Garn, Katheter)
Wie erkenne ich Nylon in Produkten?
Polyamid wird häufig unter folgenden Bezeichnungen geführt:
PA, PA6, PA66 oder Nylon (z. B. auf Etiketten von Textilien, Küchengeräten oder Verpackungen)
In Recyclingkennzeichnungen: Kunststoffcode 7 (sonstige Kunststoffe) – leider unspezifisch, da Nylon keinen eigenen Code hat
Bei Textilien: Oft auf dem Pflegeetikett als „Nylon“ oder „Polyamid“ aufgeführt – meist in Funktionskleidung, Unterwäsche, Strumpfhosen oder Badebekleidung
WAS SAGT DIE WISSENSCHAFT?
Polyamid-Oligomere können aus Küchenutensilien in Lebensmittel übergehen, teilweise sogar über empfohlene Grenzwerte hinaus (bis 17,6 mg/kg). Besonders für Menschen mit Hautproblemen wie Neurodermitis ist der Kontakt mit Nylon kritisch, da die Kleidung Symptome verschlechtern kann. Zudem zeigt aktuelle Forschung, dass Nylon häufiger als gedacht in Form von Nanoplastik in unserem Trinkwasser landet.
1. Studien zur Migrationsrate bei Hitze
Polyamid (Nylon) ist in der EU für den Lebensmittelkontakt zugelassen – allerdings nur, wenn bestimmte Migrationsgrenzwerte eingehalten werden. Für Polyamid-Oligomere liegt dieser Grenzwert bei 5 mg/kg Lebensmittel. Studien des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zeigten jedoch, dass Nylonutensilien insbesondere bei längerem Kontakt mit heißen Lebensmitteln (> 70 °C) erhebliche Mengen an Oligomeren freisetzen können – teilweise bis zu 17,6 mg/kg, also weit über dem zulässigen Wert. Erste Migration beginnt bereits bei Temperaturen zwischen 60 und 80 °C, wie sie beim Umrühren heißer Suppe oder beim Kontakt mit Öl auftreten.
Gesundheitlich relevant ist das, weil Polyamid-Oligomere laut aktuellen Erkenntnissen entzündungsfördernd wirken oder hormonähnliche Effekte auslösen könnten – auch wenn ihre genaue Wirkung im menschlichen Körper bislang nicht abschließend geklärt ist.
2. Mikro- und Nanoplastik aus Nylon: Belastung in Wasser und Luft
Eine Untersuchung der Weltgesundheitsorganisation (WHO, 2023) zeigt: Nanoplastikpartikel aus synthetischen Materialien wie Nylon lassen sich zunehmend im Trinkwasser nachweisen. Die Partikel entstehen unter anderem durch den Abrieb von Kleidung und Textilien – besonders beim Waschen. Auch die Innenraumluft ist belastet: Studien belegen, dass synthetische Fasern wie Nylon beim Tragen und bei Reibung in die Atemluft gelangen können. Die gesundheitlichen Auswirkungen sind bislang unzureichend erforscht, gelten jedoch als potenziell besorgniserregend – insbesondere für Säuglinge, Kinder und empfindliche Personen.
4. Mögliche hormonelle Wirkungen durch Zusatzstoffe (endokrine Disruptoren)
Einige Studien weisen darauf hin, dass bestimmte Zusatzstoffe in Nylonprodukten – wie Nonylphenole, Benzotriazole oder Phthalate – als endokrine Disruptoren wirken können, also in den Hormonhaushalt eingreifen. Diese Stoffe werden bei der Herstellung etwa zur Farb- und UV-Stabilisierung eingesetzt. Untersuchungen (u. a. Zhang et al., 2020; Kim et al., 2015) zeigten hormonähnliche Effekte in Zellkulturen und Tierversuchen – etwa auf Schilddrüse, Fortpflanzung oder Entwicklung. Zwar gelten Lebensmittelkontaktprodukte in Europa als reguliert, doch Rückstände oder nicht deklarierte Inhaltsstoffe sind besonders bei importierten Billigwaren nicht auszuschließen.
5. Recycling & Nachhaltigkeit
Polyamid (Nylon) ist theoretisch recyclingfähig, wird aber in der Praxis nur selten werkstofflich recycelt – insbesondere im Haushaltsbereich. Der Grund: Mischmaterialien, Farbstoffe und fehlende Rücknahmesysteme erschweren die Wiederverwertung.
Auch die Herstellung von Nylon ist energieintensiv und verursacht einen vergleichsweise hohen CO₂-Ausstoß im Vergleich zu anderen Kunststoffen. Bei der Verbrennung entstehen zudem Stickoxide und andere Schadstoffe, sofern keine moderne Filtertechnik verwendet wird. Aus ökologischer Sicht lohnt sich daher der bewusste Einsatz langlebiger Alternativen wie Edelstahl oder Holz – insbesondere bei kurzlebigen Alltagsprodukten wie Küchenhelfern oder Verpackungen.
EMPFEHLUNG FÜR DEN ALLTAG
Küchenutensilien aus Nylon nur bei Temperaturen unter 70 °C verwenden – besonders beim Kochen mit Öl, Suppe oder in heißen Pfannen.
Babygeschirr, Löffel oder Beißringe aus Nylon besser durch Alternativen aus Glas, Edelstahl oder lebensmittelechtem Silikon ersetzen.
Vermeide Nylon-Produkte mit starkem Geruch oder grellen Farben, da diese auf Weichmacher oder Farbzusätze hindeuten können, die hormonell wirken.
Spüle Nylon-Utensilien besser per Hand – aggressive Reinigungsmittel und hohe Temperaturen in der Spülmaschine können Materialabbau und Mikroplastik fördern.
Bei empfindlicher Haut (z. B. Neurodermitis) auf Nylon-Textilien verzichten, insbesondere bei Unterwäsche, Sportkleidung oder enger Kleidung – sie können Hautreizungen verschärfen.
Schwangere und Kleinkinder sollten generell möglichst wenig Kontakt zu synthetischen Materialien wie Nylon haben, wenn alternative Materialien verfügbar sind.
Fazit
Nylon ist praktisch, vielseitig und in vielen Alltagsprodukten zu finden – von Kochlöffeln bis Sportkleidung. Doch bei Hitze, direktem Hautkontakt oder intensiver Nutzung kann es problematisch werden: Studien zeigen mögliche Freisetzung von Oligomeren, Mikroplastik und hormonell wirkenden Zusatzstoffen.
Für die meisten Menschen ist Nylon bei bewusster Nutzung unbedenklich – doch besonders Schwangere, Kinder und Menschen mit empfindlicher Haut sollten auf Alternativen wie Edelstahl, Holz oder Naturtextilien setzen.
QUELLEN
BfR Stellungnahme Nr. 036/2019:Polyamid‑Küchenutensilien: Kontakt mit heißen Lebensmitteln möglichst kurz halten, https://www.bfr.bund.de/cm/343/polyamid-kuechenutensilien-kontakt-mit-heissen-lebensmitteln-moeglichst-kurz‑halten.pdf Wikipedia+1Bundesinstitut für Risikobewertung+1TÜV Rheinland+13Bundesinstitut für Risikobewertung+13Bundesinstitut für Risikobewertung+13Bundesinstitut für Risikobewertung
BfR Stellungnahme Nr. 014/2018:Polyamid‑Oligomere: Kunststoffbestandteile aus Küchenutensilien, https://www.bfr.bund.de/cm/343/polyamid-oligomere-kunststoffbestandteile‑aus-küchenutensilien.pdf BVLK+6Bundesinstitut für Risikobewertung+6Bundesinstitut für Risikobewertung+6Behr's Verlag+10Bundesinstitut für Risikobewertung+10TÜV Rheinland+10
Food Packaging Forum (2019):New BfR statement on polyamide oligomers, https://foodpackagingforum.org/news/bfr-statement-on-polyamide-oligomers Bundesinstitut für Risikobewertung+14Food Packaging Forum+14Bundesinstitut für Risikobewertung+14Bundesinstitut für Risikobewertung+4BVLK+4Bundesinstitut für Risikobewertung+4
PTA‑Magazin (2019):Vorsicht im Umgang mit Polyamid‑Küchenutensilien, https://www.das-pta-magazin.de/news/vorsicht-im-umgang-mit-polyamid‑küchenutensilien-2463113.html Bundesinstitut für Risikobewertung+1TÜV Rheinland+1Bundesinstitut für Risikobewertung+12DAS PTA MAGAZIN+12Behr's Verlag+12
BfR (2024): Mikroplastik – Fakten, Forschung und offene Fragen, https://www.bfr.bund.de/de/publication/mikroplastik__fakten__forschung_und_offene_fragen-192185.html
BfR FAQ zu endokrinen Disruptoren, https://www.bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zu_endokrinen_disruptoren-50513.html
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BMUV Bericht über Umwelt-Hormone, https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Forschungsdatenbank/fkz_206_67_448_4_umwelthormone_bf.pdf
EU-Verordnung 2023/1442, Neue Grenzwerte und Anforderungen für Migration aus Materialien mit Lebensmittelkontakt – auch relevant für Polyamid-Oligomere. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32023R1442
EU-Verordnung 2019/37, Definitionen und Regeln zu Stoffen in Lebensmittelkontakt – Grundlage für rechtliche Bewertung von Nylon-Kontaminationen. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32019R0037
Vis Bayern: Küchenhelfer & Materialien, https://www.vis.bayern.de/produkte_energie/bedarfsgegenstaende/kuechenhelfer.htm
UBA (2024): Ökologische Bewertung textiler Fasern, https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/11850/publikationen/117_2024_texte_oekologische_bewertung_textiler_fasern.pdf AGES+9Umweltbundesamt+9Umweltbundesamt+9
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BUND Broschüre: Achtung Hormongifte, https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/chemie/chemie_achtung_hormongifte_broschuere.pdf
UKW (2023): Wie das Kunststoffzeitalter unsere Hormone beeinflusst, https://www.ukw.de/aktuelle-meldungen/detail/news/wie-das-kunststoffzeitalter-unsere-hormone-beeintraechtigt/
MedUni Wien (Okt 2024): Nanoplastik kann Wirkung von Antibiotika beeinflussen, https://www.meduniwien.ac.at/web/ueber-uns/news/2024/news-im-oktober-2024/nanoplastik-kann-wirkung-von-antibiotika-beeintraechtigen/
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das‑pta‑magazin (2019): Vorsicht beim Kochen: Häufiger Fehler verursacht Schadstoffe im Essen, https://www.chip.de/news/gesundheit/vorsicht-beim-kochen-haeufiger-fehler-verursacht-schadstoffe-im-essen_fdc6a3b2-6a51-4ffc-89c4-db8b9e987701.html
pro‑K Kunststoffverband: Einschätzung zur BfR‑Stellungnahme Polyamid-Küchenutensilien, https://www.pro-kunststoff.de/assets/files/pro-K%20Einschätzung%20zur%20BfR%20Studie%20Polyamid-Küchenutensilien%20Kontakt%20mit%20heißen%20Lebensmitteln%20möglichst%20kurz%20halten.pdf
Frankfurter Rundschau (2023): Mikroplastik – vier Gefahrenquellen im Alltag identifiziert, https://www.fr.de/panorama/mikroplastik-birgt-enorme-gesundheitsgefahr-studien-offenbart-vier-gefahrenquellen-im-alltag-93619990.html
DAAB (2024): Waschgewohnheiten bei Kontaktallergien – Textilien waschen, https://www.daab.de/haut/kontaktallergie/hauptausloeser/textilien-waschen
Barmer Gesundheitsportal: Kontaktallergie: Symptome & Behandlung, https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/koerper/allergie/allergie-kontaktallergie-1057154
Allergieinformationsdienst: Kontaktallergie durch Kleidung, https://www.allergieinformationsdienst.de/vorbeugung-und-schutz/kleidung
Welt.de (2023): Nylonkleidung schlecht bei Hautausschlag, https://www.welt.de/gesundheit/article4400358/Nylonkleidung-schlecht-bei-Hautausschlag.html
TU Dresden (2013): Migration von Polyamid-Oligomeren – Poster, https://tu-dresden.de/mn/chemie/lc/lc2/ressourcen/dateien/poster/2013_Saeger_PAO_Gehalt_Migration.pdf
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